„Stammbuch oder Chronik des uralten adeligen und gedenkwürdigen Geschlechts der von Berlepsch" ist der abgekürzte Titel eines von Pfarrer Letzner weitläufig verfassten Familienberichtes aus dem späten 16. Jh. Die Chronik greift in sagenhafte Zeiten zurück. Die Mitglieder der Familie von Berlepsch waren schon im 12. Jh. an mehreren Orten ansässig. Die Sparrenline des Schlosserbauers Arnold von Berlepsch lässt sich heute bis ins 13. Jh. zurückverfolgen, zu ihrem ersten verbürgten Stammort Berlevessen (heute Barlissen), einem Dorfe südwestlich von Göttingen. Zu ihren Pflichten und Rechten zählte auch die untere Gerichtsbarkeit.
Am 14.Mai 1297 geschah ein Unglück. Dieses Gebiet geriet in das Spannungsfeld zwischen der Landgrafschaft Thüringen, dem Erzbistum Mainz und dem Herzogtum Braunschweig-
Arnold von Berlepsch als angesehener und erfolgreicher Schlichter bei Streitigkeiten zwischen den Landgrafen, den Nachbarn und dem Erzbischof von Mainz und sein Sohn Hans standen beim Landgrafen Heinrich II. von Hessen in hohem Ansehen, der ihnen nun auf der hessischen Seite am rechten Ufer der Werra Land zuwies, wo Arnold und sein Sohn Hans 1368 mit dem Neubau einer Burg als Schutz gegen häufige braunschweigische Übergriffe, Verwüstungen und Plünderungen und als Schutz der Handelsstraße von Münden ins Werratal begannen.
Das gegenwärtige Schloß Berlepsch wird zum neuen Sitz der aus Berlevessen (Barlissen) verdrängten Familie Landgraf Heinrich II. verpflichtet sich 1369 Arnold durch dessen Ernennung zum hessischen Erbkämmerer und belehnt ihn mit der Burg Berlepsch, die mit landgräflicher Beihilfe 1368 zu bauen begonnen wird. Das Vertrauen des Landgrafen in Arnold erweist sich darin, dass er einen niedersächsischen Ritter zum Burgherrn einer neuen Feste bestimmt, die das nördliche Hessen mit dem Werratal gegen die Braunschweiger beschützen soll. 1369 werden Arnold und Hans mit umliegenden Dörfern belehnt, und der Landgraf sichert den Berlepsch den Schutz ihrer Güter zu.
Das „nuwe hus Berleybischin", wie es unter Arnold benannt wird, bezeugt noch ein Schlußstein am 3. inneren Tor mit der Inschrift, daß die Burg in der dritten Fastenwoche 1369 vollendet wurde. Von der ursprünglichen Anlage ist der erneuerte Westflügel erhalten geblieben. Zu dem Einflügelbau mit gewiß bescheidenen Ausmaßen werden sich noch einige Wirtschaftsgebäude gesellt haben, rings umschlossen von einer Mauer, die sich im innersten 3. Tor erhalten hat. Späterhin ist von dem Westflügel als dem „Hohen Haus" die Rede, und da auf Berlepsch kein Bergfried angelegt ist, wird das ursprüngliche Bild von dem turmartigen Wohnbau beherrscht: ein Typ, der, von Frankreich kommend, den Namen 'Donjon' trägt. Nur kurze Zeit regieren die beiden Gründer auf der neuen Burg. Noch vor 1372 stirbt Arnold und 1392 sein Sohn Hans. Mit ihnen erlischt die Sparrenlinie, und die Burg fällt als freies Lehen an den Landgrafen zurück.
Knapp hundert Jahre nach dem Neubau wird die Burg von Landgraf Ludwig II. wieder an einen Berlepsch zum Lehen gegeben. Sittich von Berlepsch ist der Stammvater des heutigen Geschlechts unter dem Wappen der 5 Sittiche. Erbkämmerer und Günstling des Landgrafen, bezieht er 1461 die Burg, und sein großer erworbener Hausbesitz wirft auch die Mittel zu einer neuerlichen starken Befestigung ab, die von seinen Söhnen schließlich zum Abschluß gebracht wird. Die Neubauten Sittichs sind umfangreich. Als die drei Nachfolger den Besitz unter sich teilen, werden die einzelnen Gebäude sorgfältig aufgezählt. Es ist vom Hohen und vom Neuen Haus die Rede, von der Kapelle, vom Badehaus, Musshaus (Zeughaus), Gefängnisstock, von der Scheune und dem Schaf-
Über die Verteilung der einzelnen Gebäude unter Sittich gewinnt man eine nur ungefähre Vorstellung. Wahrscheinlich errichtet er die ganze Vorburg mit dem Zwinger. Der äußere Zugang ist dann das 2. Tor. Die Vorburg umfaßt das Neue Haus, Badehaus, Scheune, Ställe und andere Gebäude und wird von der äußeren Mauer mit 4 oder 5 auf Feuerwaffen eingerichteten Bollwerken geschützt, zwischen denen hölzerne Wehrgänge hinter der Mauerkrone um die ganze Burg umlaufen. Die steinernen Konsolen haben sich an der nördl. und östl. Mauer erhalten. Drei Bollwerke beherrschen Süd-
Die großen Umwälzungen im Jahrhundert der Reformation und des Bauernkrieges treffen die Herren auf Berlepsch noch nicht unmittelbar. Kurz vor 1500 geht Kaspar, ein Enkel von Sittich, als einer der „letzten Ritter" auf eine Pilgerfahrt nach Palästina. Am Ende des 16. Jhs. studieren seine Enkel nach bürgerlichem Brauch in Marburg, Jena und Helmstedt. Alle Zweige des Hauses werden protestantisch. Die ganz Europa ergreifende Unruhe und die durch soziale Mißverhältnisse ausgelösten kriegerischen Konflikte zwingen viele Mitglieder der Familie Berlepsch in die Kriegszüge der Feudalherren gegen Bauern und Städte, andere verstreuten sich in kaiserliche und ausländische Dienste. 1593 wird in Erfurt die umfangreiche genealogische Chronik der Berlepsch gedruckt, die die Überlieferung eines alten Geschlechts beruft, das sich in viele Zweige getrennt hat.
Hans Christoph von Berlepsch errichtet um die Jahrhundertwende den Südflügel und setzt in den Winkel zum bestehenden Westflügel den Treppenturm mit dem Portal von 1593. Möglich, daß er auch die bewehrte Auffahrt vom äußeren zum 2. Tor anlegt. Der verheißungsvolle Aufschwung des Frühbarock in Deutschland scheint sich auf Berlepsch in der umfangreichen Bautätigkeit des wohlhabenden Hans Christoph anzukündigen, als der Ausbruch des Großen Krieges diese Ansätze überall erstickt und auch das Schloß seine größte Bedrohung erfährt. 1623 marschiert Tilly durch Hessen. Nachziehende Truppen dringen in das von Flüchtlingen überfüllte Berlepsch ein. Erst innerhalb der Burg wird von verzweifelter Gegenwehr berichtet. Gebrandschatzt und verwüstet bleibt Berlepsch mehrere Jahre verlassen. Im Laufe des Krieges wird die Burg mit den benachbarten Dörfern, von denen die Hälfte wüst liegt, geplündert. Es ist ein schwerer Verlust, daß bei den Zerstörungen von Berlepsch der größere Teil der Familiendokumente vernichtet wird.
Der großzügige Neubau im 19. Jh. versucht nicht zuletzt die Lücke zu schließen, die der Krieg auf Berlepsch hinterlassen hat.
Zwei bedeutende Frauen, die den Namen der Berlepsch tragen, bekunden mit ihrer Geschichte den Wandel vom absolutistischen Zeitalter zu dem der Aufklärung. Marie Gertrude von Berlepsch wird als junge Witwe Oberhofmeisterin am Hof des Kurfürsten zu Neuburg an der Donau, und als dessen Schwester Karl II. von Spanien heiratet, folgt sie ihr als „Donna de Honore" nach Madrid. Sie spielt in der Hauspolitik der spanischen Habsburger eine wichtige, vielerseits befeindete Rolle und wird ihrer Stellung und Verdienste wegen in den Reichsgrafenstand erhoben.
Während sich im Zeitalter Napoleons der aufrechte Hofrat Friedrich Ludwig, Verfasser vieler juristischer Schriften, mit dem Kurfürsten von Hannover überwirft und seine eigensinnigen politischen Konzepte seine Amtsenthebung bewirken, legt seine literarisch-
Der Klassizismus schafft sich im Park einen eigenen, ihm gemäßen Ausdruck. Spätromantik und Restauration hingegen greifen in den Bestand der alten Burg entscheidend ein. Zur selben Zeit, wo der von Sulpice Boisseree und König Friedrich Wilhelm IV. angeregte Kölner Dombau seiner Vollendung entgegengeht, wird auch auf Schloß Berlepsch mittelalterlich gebaut. Um 1875 erhöht Graf Karl den Treppenturm und versieht ihn mit einem Zinnenkranz anstelle der älteren welschen Haube. 1885 wird ein erster neuer Ostflügel errichtet. Unter einem Architekten der baueifrigen Schule von Hannover, Gustav Schönermark, finden von 1893-
1869 wird dem ersten Repräsentanten des neuen Berlepsch, Karl, der preußische Grafentitel verliehen, erblich auf den ersten Sohn. Der zweite Bauherr, sein Sohn Hans, legt eine Vogelsammlung von nahezu 60 000 Exemplaren an, die ihrem Umfang nach weit über eine Liebhaberei hinausgeht im Geist wissenschaftlicher und musealer Erfassung im späten 19. Jh. Die berühmte Sammlung wird 1915 zur besseren Erhaltung an das Senckenberg-
Mit den beiden folgenden Generationen wandelt Schloß Berlepsch noch einmal sein Gesicht. Im Äußeren verändert sich nicht viel. Geschichts-
englischer Schlosspark noch vor 50 Jahren